ANSÄTZE ÜBER DIE MALKUNST
von Zoltán Döbröntei, 2021.
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Im Zeitalter der Bewusstseinsseele ist es besonders wichtig, dass die Kunst aus dem geschlossenen Kreis des Selbstausdrucks der Seele und der sozialen Reflexionen befreit wird. Für unsere geistige Anschauung sollte sich die Wirklichkeit soweit erschließen, dass wir erkennen, dass die Kunst ebenso eine Offenbarung der geistigen Welt ist, wie der Selbstausdruck der menschlichen Seelen .
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Die geistige Welt offenbart sich durch die Mittel der Malerei. Durch die Farben, durch die Formen und in verschiedenen Bildern fließen Kräfte uns entgegen. Mit ihnen verbindet sich dann der kreativ schöpferische Wille des Menschen so, dass ihr Zusammenwirken im Einklang die Malerei erzeugt.
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Es soll entdeckt werden, wie die schaffende Tätigkeit der Kunst die Mitte zwischen der wesenhaft geistigen Welt und dem schöpferisch tätigen Menschen-Ich einnimmt.
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Die Möglichkeit besteht, die Kunst nicht nur für den Ausdruck unserer eigenen Impulse im Denken, Fühlen und Wollen zu benutzen, sondern über unser Selbst hinausgehend, können wir darauf achten, was uns aus der geistigen Welt als Antwort auf unsere Taten entgegen gebracht wird.
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Dieses Offenbarwerden darf nichts Mystisches sein, ebenso wenig darf es, ohne die Anwesenheit unseres Ichs, in einem trüben Seelenraum entstehen.
Der Kunst gegenüber wäre es jedoch unwürdig, wenn sie zu einer bloßen Darstellerin kalter und schematischer Gedankan verkommen würde.
Das bloße Abbilden unserer Gedanken schafft nur in aller geringenstem Maße eine Kunst, mögen sich dabei unsere Gedanken noch so sehr auf die geistige Welt bezogen haben.
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Sowohl der Intellekt, als auch der Mystizismus bringen uns von unserem Wege nur ab. Sie sind beide solche Extreme, in denen die Kunst aufhört zu sein. Wie kann aber die Malkunst in ein gesundes Verhältnis zur geistigen Welt treten? Müssen wir dafür zum Eingeweihten oder zum Hellseher werden? Nichts dergleichen. Die Kraft unseres Ichs muss gesteigert werden.Man sollte sich kraftvoller und wachsamer an dem Schöpferischen beteiligen, denn dieses geschieht auf der Ebene des Überbewusstseins.
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Die geistige Welt können wir also nur dann abbilden, wenn unser Ich in vollem Maße anwesend ist. Dabei können uns die Erfahrungen unseres Ichs führen. Diese Erfahrungen müssen gesammelt werden, und diese Erfahrungen können gesammelt werden. Sie bilden den handwerklichen Teil der Malerei.
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Den schöpferischen Prozess müssen wir ganz bewusst im Lichte der geistigen Welt ergreifen.
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Die Malkunst ist in Wirklichkeit ein Medium, ein solches Zwischen- und Vermittlungsfeld,wodurch eine Verbindung zwischen Himmel und Erde herstellbar ist.Ihrem Wesen nach kann die Malerei als eine Brücke, ein Durchgang, ein Pfad, ein Tor oder als ein Fenster betrachtet werden. Ohne sie würde die Welt in zwei Teile auseinanderbrechen.
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Es gibt keinen gefährlicheren Gedanken, als wenn die Malerei als eine Extreme betrachtet wird! Als eine „ideale“ Ergänzung des „realen“ Lebens. Als eine Träumerei, welche die steinharte Realität verschönert. Nein, im Mittelpunkt soll nicht das Steinharte, sondern die geistige Anschauung stehen.
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So lange wir unsere geistige Präsenz nicht steigern, uns nicht über die Tätigkeit des alltäglichen Bewußtseins erheben, so lange werden wir die geistige Welt auch nicht richtig abbilden können, sondern nur irgendwelche Illustrationen anfertigen.
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Die bloße Darstellung der geistigen Mitteilungen ist nur eine anfängliche Ebene der Kunst.
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Die schöpferische Freiheit des Menschen und die Freiheit des Menschen in der Schöpfung ist unbedingt vereinbar mit der Anstrengung um die geistige Welt zur Offenbarung zu bringen.
Es ist nur ein scheinbarer Wiederspruch.
DIE EBENEN DER DARSTELLUNG
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In unserer Zeit ist es notwendig, dass wir aus der bewußten Verbindung zur geistigen Welt heraus schaffen. Das bezeichnen wir als spirituelle Kunst.
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Weder die bloße Kenntnis über die Offenbarungen des Geistigen, noch die Anschauung der selben, reichen für die neue, spirituelle Kunst aus. Der Beginn dafür kann nur sein, die Grenze zu überschreiten und in dem Geist zu schaffen, oder anders ausgedrückt, der Prozess des künstlerischen Schaffens muss bis ins geistig Wesenhafte hinaufgehoben werden.
Dieses ist möglich und erfahrbar.
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Um klar zu sehen, und um uns in den verschiedenen spirituellen Kunstsrömungen orientieren zu können, müssen wir zuerst untersuchen, wie und in welcher Beziehung der Schaffende während seines Schaffens zur seelisch-geistigen Welt steht! Was geschieht mit ihm, in ihm und durch ihn? Es ist möglich, dass ein Künstler die Sprache einer ganz bestimmten spirituellen Richtung benutzt, seine Worte, Sätze und Begriffe beziehen sich auf die geistige Welt, während er sich aber im Prozess seines künstlerischen Schaffens doch noch an das Sinnlich-Physische bindet. Oder aber er füllt ganz einfach irgendwelche geometrischen Figuren mit Farben aus, weil er der Meinung ist, dass diese über magische Kräfte verfügen, aber er hat mit seinem künstlerischen Schaffen an dem Geistigen keinen Anteil gehabt.
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Ein solcher Widerspruch oder ein solches Auseinanderdriften kann zwischen geistiger Erfahrung und Schöpfungskompetenz auftreten.Man muss klar sehen, dass dies zwei getrennte Welten sind! Sie sind nicht miteinander verbunden. Man kann die Fähigkeit des lebhaften Schaffens besitzen, ohne dabei die geistig-moralische Welt bewusst zu erleben.Man kann in geistigen Welten handelnd tätig werden ohne in der Kunst Werke von hoher Ordnung zu schaffen.
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Wir müssen die Qualität und den Grad der geistigen Erfahrungen sowie die Qualität und den Grad der künstlerischen Darstellung von einander trennen!
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In der Malerei können drei Stufen, Ebenen der Darstellung deutlich unterschieden werden: die begriffliche Darstellung, die seelische Darstellung und die moralische Darstellung. Diese sind die Ebenen der Einweihung in den Beruf der Malerei.
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Auf der Ebene der begrifflichen Darstellung sprechen wir dann von der anthroposophischen Kunst, wenn sie die Anthroposohie, oder die durch Rudolf Steiner offenbarte geistige Welt, in begrifflichen Bildern zeigt, sozusagen illustriert.
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Auf der Ebene der seelischen Darstellung sprechen wir dann von der anthroposophischen Kunst, wenn die Lebendigkeit der schaffenden Mittel in der Seele wirkt, und mit dieser belebten, durch die Farben und Formen belebten Seele, wendet sich der Künstler der geistigen Welt zu, die durch die Anthroposophie offenbart wird. So erlebt er die geistigen Mitteilungen in einer gesteigerten Form und macht sie für sich zur Innigkeit.
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Die dritte Ebene ist die Ebene der moralischen Darstellung, welche die anthroposophische Kunst dann erreicht, wenn sie das persönliche seelische Element überwindet und sich zu dem Grad der Imagination erhebt. In Wirklichkeit wird sie dies nur dann verwirklichen können, wenn sie die schöpferisch schaffenden Mittel der Malkunst, also die Farben, die Formen und die Bildhaftigkeit, erhebt und ganz selbstlos der bildlichen Leiblichkeit eines geistigen Wesens anbietet, damit sich dieses darin offenbaren kann.
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Von da an vereinigt sich der berufliche Entwicklungsweg der Malerei mit dem Einweihungspfad der spirituellen Entwicklung.
Ein lang ersehnter Moment wird zur Wirklichkeit, indem die Einweihungswissenschaft und die Praxis der Malkunst in einander fließen. Im Weiteren entsprechen die Entwicklungswege, die Ebenen und die Grade der Malerei den Graden des zeitgemäßen Initiationsweges.
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Die Entwicklung der malerischen Darstellung wird immer intimer. Nach den Sphären des Denkens und Fühlens kann das schöpferische Schaffen auf der moralischen Ebene des Willens entstehen. Hier können Sie sich selbt in dem Prozess des Schaffens bewußt erleben.
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Von da an kann der Künstler zu einem Miarbeiter der neuen Mystereienkultur werden, denn durch seine Tätigkeit wird es nun möglich, dass das Fleisch anfängt wieder zum Wort, zum Logos zu werden.
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Er ist aus dem dämonischen Kraftfeld seiner eigenen seelischen Neigungen befreit und kann der höheren Entwicklung des Menschen dienen.
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Gibt es also eine anthroposophische Kunst? Ja, sie gibt es, und zwar dreifach.
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Die durch Anthroposophie befruchtete Kunst könnte eine neue spirituelle Kultur , eine Mysterienkultur begründen . Die Anthroposophie führt die Kunst zu ihren eigenen Quellen, zu jener lebhaft lebendigen Quelle, aus der alle organischen Künste stammen.